Ein grosser Mann unserer Gemeinde
* 25. August 1918 + 23. Dezember 2020
1961 wurde er zum Gemeindeammann gewählt. Dieses Amt übte er mit grossem Engagement und empathischer Art 22 Jahre lang erfolgreich aus. Zudem amtete er 40 Jahre lang als Zivilstandsbeamter.
Otto Egloff erzählt aus seiner Zeit als Gemeindeammann (1961 — 1983) im Interview mit Rolf Seger vom 30. Juni 2016.
Nachruf
Im Folgenden dürfen wir einen Nachruf veröffentlichen, der von Christina Fäsi-Egloff verfasst wurde.
Herzlichen Dank auch für die Fotos, die wir ebenfalls publizieren dürfen!
Am 25. Aug. 1918 wurde Otto Egloff als drittes Kind im Haus zum Weinberg (Hauptstr. 98) geboren. Mit seinen Schwestern erlebte er eine schöne Kindheit auf dem Kleinbauernbetrieb seiner Eltern.
Eine besondere Erinnerung war die wöchentliche Teigwarenlieferung für das kleine Ladengeschäft der Familie Altwegg (heute: Beautycorner). Die Teigwaren aus der Fabrik
„Etter-Egloff“ aus Weinfelden wurden mit einem Zweispänner geliefert, gelenkt von einem beeindruckenden Fuhrmann mit Schnauz. Die Pferde wurden unter dem grossen Nussbaum im Hof abgestellt und getränkt. Der Fuhrmann erhielt einen sauren Most aus dem Keller.
Nach der Schulzeit und der Konfirmation war der Weg vorprogrammiert. Es war eine Zeit der grossen Arbeitslosigkeit und der kleine Betrieb bot eine Existenz.
1935/36 absolvierte O.E. einen Welschlandaufenthalt auf einem Bauernhof in Granges-Marnaud. Der Patron war kein Unbekannter, war dieser wiederum für ein Jahr bei den Grosseltern Egloff in Tägerwilen.
In den Wintern 1936–38 besuchte er die landwirtschafliche Schule im Arenenberg.
Dies zusammen mit Otto Müller. Beide Absolventen schlossen mit Auszeichnung ab.
Am 1. August 1938 begann die Rekrutenschule in Herisau. Danach folgte der Aktivdienst als Train Wachtmeister.
Während dieser lebensprägenden Zeit lernte O.E. seine spätere Ehefrau Menga Felix kennen. Sie lebte und arbeitete mit ihren Eltern im Restaurant Anker in Wäldi.
Gerne erzählte er seinen Grosskindern, wie er mit dem Militärvelo abends nach Wäldi fuhr, um sie zu besuchen.
Die Militärkollegen trafen sich weiterhin über viele Jahre regelmässig.
Am 14. April 1945 heirateten Otto und Menga. Damals waren die Lebensmittel rationiert und die Gäste mussten ihre Mahlzeitencoupons mitbringen. Die Hochzeitsgesellschaft machte eine Kutschenfahrt über den Seerücken und das Nachtessen wurde in der Linde eingenommen. Auf Hochzeitsreise gings mit dem GA durch die Schweiz.
Nach der Hochzeit konnten sie den elterlichen Hof übernehmen. Wie damals üblich, blieben auch die Eltern im Haus wohnen, was für die junge Familie nicht immer einfach war.
1949 wurde Elisabeth und 1951 Otto geboren.
Nachdem das Arbeitspferd Fuchs altershalber pensioniert wurde, schaffte man sich einen Kleintraktor an. Der „Grunder“, Jg. 1953, ist bis heute fahrtüchtig.
In dieser Zeit übernahm O.E. immer mehr öffentliche Funktionen. 1952 erfolgte die Wahl in den Gemeinderat. Für die Bürgergemeinde amtete er als Waldverwalter. Diese Aufgabe erfüllte er mit viel Freude, so dass er sich nach der Pensionierung noch einmal zur Verfügung stellte.
Die Führung des Kleinbauernbetriebs an der Hauptstrasse wurde immer schwieriger und die Arbeitskräfte immer rarer. So fiel ihm die Entscheidung leicht, sich als Gemeindeammann zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe führte er von 1961 bis zu seiner Pensionierung 1983 aus. O.E. wurde auch in den grossen Rat und ans Bezirksgericht gewählt.
Das Zivilstandsamt befand sich seit 1875 im Wohnhaus der Familie. Die Amtsbücher wurden in einem feuerfesten und abschliessbaren Kassenschrank aufbewahrt. Jeder Eintrag erfolgte in formschöner Handschrift.
Über 600 Paare wurden in der festlich dekorierten Stube getraut. Die Trauungen fanden meist am Samstag statt, anschliessend ging’s in die Kirche.
1965 kam Christina als drittes Kind auf die Welt.
Die vielseitigen Funktionen erfüllten und verpflichteten ihn. So kam es, dass er jederzeit erreichbar war. Dies zeigte sich auch, wenn jedes Jahr am frühen Silvestermorgen eine empörte Bürgerin anrief um sich über die Streiche der Jungen zu beschweren…
Um diese Aufgaben zu bewältigen, konnte er auf die tatkräftige Unterstützung seiner Ehefrau zählen. Sie hielt ihm den Rücken frei und nahm unzählige Telefonate entgegen.
Während dieser Jahre mähte er im Sommer vor Arbeitsbeginn die steilen Bachborte beim Bindersgarten von Hand mit der Sense und trug das Gras zum Trocknen auf die Fläche. Im Herbst wurde mit der ganzen Familie geobstet. Ein Teil des Obstes wurde verkauft und aus dem Rest Most für den Eigengebrauch bei Familie Altwegg an der Egelbachstrasse hergestellt.
Langweilig wurde es ihm nach seiner Pensionierung nicht. Er freute sich mehr Zeit mit der Enkelschar zu verbringen.
Weiterhin richtete er leidenschaftlich das Holz für die Heizung.
Sein grosses Wissen über Tägerwilen war bei der Entstehung des Tägerwiler Buchs gefragt.
Als Zeitzeuge durfte er sogar in einem Film über Friedrich Traugott Wahlen und die Anbauschlacht einen kleinen Beitrag leisten.
Mit der Verwirklichung des Alterszentrums Bindersgarten ging ein grosser Wunsch in Erfüllung, und er nahm regen Anteil am Geschehen.
Der Tod seiner lieben Menga 2010 traf ihn schwer. Hilfreich waren für ihn die vielseitigen Kontakte im Rebhüsli. So wurde der Bindersgarten seine neue Heimat. Gerne berichtete er aus früheren Zeiten.
Bis zu seinem Tod am 23.Dezember 2020 war er geistig aktiv, pflegte die Beziehungen zu seinen Mitmenschen und freute sich über Besuche.