Gottlieber Offnung 1521

Am 11. Okto­ber 2021 hat uns Paul Kel­ler, Gemein­de­prä­si­dent Gott­lie­ben, die­ses wun­der­schö­ne Doku­ment gezeigt.

In der Fol­ge haben wir alles dar­an gesetzt, es einer brei­te­ren Öffent­lich­keit digi­tal zugäng­lich machen zu kön­nen und haben die Pro­fis des Staats­ar­chivs Thur­gau gebe­ten, die
Gott­lie­ber Off­nung von 1521 zu digitalisieren.

Warum ist Gottlieben so klein?

von Martin Bächer

Gott­lie­ben ist das kleins­te Dorf des Kan­tons Thur­gau und eines der kleins­ten der Schweiz – bevöl­ke­rungs- und flä­chen­mäs­sig. Und vie­le wun­dern sich, war­um die Süd­sei­te der Länd­listras­se bereits zu Täger­wi­len gehört.
Der Grund: die Gott­lie­ber Off­nung, die 1521 – also vor genau 500 Jah­ren — nie­der­ge­schrie­ben wurde.

Bekannt­lich wur­de Gott­lie­ben 1251 von den Kon­stan­zer Bischö­fen gegrün­det. Der 1521 amtie­ren­de Bischof hat­te eine aus­ser­ge­wöhn­li­che Vor­lie­be für Fische. Um den Nach­schub jeder­zeit und im gewünsch­ten Umfang sicher­zu­stel­len, ver­sag­te er den Gott­lie­bern jeg­li­chen Grund­be­sitz. Denn Grund­be­sitz hät­te sie davon abhal­ten kön­nen, sich mit Leib und See­le der Fische­rei zu wid­men, wie es in der Gott­lie­ber Geschich­te von Esther Bächer (S. 27 bis 31) heisst, die uns als pri­mä­re Quel­le für die­se Aus­füh­run­gen dient. Das alles wur­de mit der Gott­lie­ber Off­nung von 1521, der dama­li­gen Rechts­ord­nung für das Dorf, fest­ge­legt. Dort wur­den aber unter ande­rem auch die Gren­zen der Gott­lie­ber Fischenz definiert.

Es war damals all­ge­mein üblich, dem Besit­zer oder dem Lehens­herrn einen Teil der Erzeug­nis­se aus dem Grund­be­sitz als Steu­ern abzu­lie­fern. Die Gott­lie­ber wur­den mit der Off­nung von 1521 ver­pflich­tet, ihre Steu­ern an den Bischof in Form von jähr­lich 12’950 Gang­fi­schen zu ent­rich­ten. Dort wur­de auch fest­ge­schrie­ben, dass die sechs soge­nann­ten Segi-Fischer (sie fisch­ten gemein­sam mit einem rie­si­gen Netz) die hie­si­gen Fischen­zen bewirt­schaf­ten durf­ten. Nebst den Steu­ern in Form von Fischen muss­ten sie dem Bischof oder sei­nem Vogt für Fahr­ten von Kon­stanz nach Gott­lie­ben zur Ver­fü­gung ste­hen, die ande­ren Gott­lie­ber Fischer – die Fachen- und die Dorf­gra­ben-Fischer – muss­ten ihre Her­ren zwi­schen Gai­en­ho­fen und Meers­burg rudern, wohin sie wollten.

Aber nicht nur rund um die Fische­rei wur­de in der Off­nung in den ins­ge­samt 53 Arti­keln alles gere­gelt. Viel­mehr wur­de unter ande­rem auch für jede kri­mi­nel­le Tat eine Stra­fe fest­ge­legt; für Hei­rat und Schei­dung wur­de das Vor­ge­hen eben­so klar defi­niert wie für den Abbruch und Wie­der­auf­bau von Häu­sern. Und bei­spiels­wei­se in Arti­kel 39 auch dies (im Wort­laut): «Stirbt einem ein Weib und hat er zwei Bet­ten, so soll man ihm die las­sen. Nimmt er aber ein ande­res Weib, so soll man wenn man die zur vor­dern Thü­re ein­führt, das eine Bett dem Herrn zur hin­tern Thü­re hin­aus tragen». 

Off­nung in digi­ta­li­sier­ter Form
Das Staats­ar­chiv des Kan­tons Thur­gau hat die Digi­ta­li­sie­rung der Gott­lie­ber Off­nung von 1521 über­nom­men.
Wir dür­fen hier auf unse­ren Sei­ten die Off­nung digi­tal prä­sen­tie­ren.
Dar­un­ter zei­gen wir die wort­ge­treue Über­set­zung aus dem Jah­re 1852 in einer Abschrift aus dem Jah­re 1889 von A. Hum­mel, der damals Gemein­de­rat in Gott­lie­ben war.

Herz­li­chen Dank allen, die uns die­se Kost­bar­kei­ten zugäng­lich gemacht haben:
- Paul Kel­ler, Gemein­de­prä­si­dent Gott­lie­ben
- Beat Oswald, Staats­ar­chiv Thur­gau
- Mar­tin Bächer, Redak­tor Gott­lie­ber Nachrichten

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